Die Zuversicht führender deutscher Volkswirte im Hinblick auf die Wirtschaftsentwicklung hierzulande schwindet immer weiter. Schuld daran ist der eskalierende Handelsstreit mit den USA. Das Ökonomen-Barometer von €uro am Sonntag und dem Nachrichtensender n-tv fällt im Juli weiter.
Die Bewertung der aktuellen Lage ging um 0,8 Prozent auf 67,2 Punkte zurück. Die Prognose für die Entwicklung in den kommenden zwölf Monaten fiel um 3,7 Prozent auf 60,9 Punkte und war so düster wie zuletzt vor knapp zwei Jahren.
von Sonja Funke, €uro am Sonntag (zum Artikel auf finanzen.net)
Dabei führen nur wenige der befragten Volkswirte die schlechten Aussichten auf das Ende des Konjunkturzyklus zurück. Anlass zur Sorge geben vielmehr die zunehmenden protektionistischen Tendenzen und die Eskalation des Handelskonflikts mit den USA. Hier sehen mit 93 Prozent fast alle Befragten ein erhöhtes (32 Prozent) oder hohes Risiko (61 Prozent) für die deutsche Konjunktur. Nur sieben Prozent schätzen diese Gefahr als gering ein.
Nach zahlreichen Experten und Instituten hatte am Donnerstag auch die EU-Kommission wegen des Handelskonflikts mit den USA ihre Wachstumsprognose für die Konjunktur in Deutschland und der Eurozone gesenkt. US-Präsident Donald Trump hatte kürzlich eine neue Runde im Handelskonflikt mit China eingeläutet, indem er eine Ausweitung der Abgaben auf chinesische Waren im Wert von 200 Milliarden Dollar androhte. Die Maßnahmen sollen in zwei Monaten greifen. China kündigte eine entschlossene Reaktion an. Auf vorherige US-Sonderzölle reagierte China mit Gegenzöllen.
Hierzulande dürften zwei Faktoren den weiteren Konjunkturverlauf bremsen, sagte Juergen B. Donges vom Institut für Wirtschaftspolitik der Universität Köln und erklärt: „Zum einen haben sich die weltwirtschaftlichen Rahmenbedingungen, insbesondere wegen des um sich greifenden Handelsprotektionismus, verschlechtert. Zum anderen geht der bislang so robusten Binnenkonjunktur etwas die Luft aus, weil die Produktionskapazitäten in mehreren Branchen voll ausgelastet sind und auf dem Arbeitsmarkt das Angebot an Fachkräften schrumpft.“
Der Abschwung kommt
Für Bantleon-Chefvolkswirt Daniel Hartmann hat Deutschland den konjunkturellen Hochpunkt bereits durchschritten: „Vor allem der außenwirtschaftliche Rückenwind lässt nach“, sagt er und verweist auf rückläufige Nachfrage aus China und Großbritannien. „2019 sollte das Wachstum im Vorjahresvergleich erkennbar unter 2,0 Prozent fallen.“ Mit US-Strafzöllen auf Autos oder einem Kurseinbruch am Aktienmarkt bestünden erhebliche Abwärtsrisiken, die den Trend verstärken könnten.
2019 sollte schließlich auch die US-Wirtschaft deutlich schwächer expandieren. Dirk Ehnts von der Uni Flensburg ist indes sicher: „Die Zinsen in den USA steigen 2018 und 2019 weiter und das wird irgendwann die privaten Investitionen zum Einbruch bringen. Es ist unmöglich, den Zeitpunkt genau vorherzusagen, aber die nächste Rezession wird kommen.“