Die EZB diskutiert derzeit einen Abbau oder eine „Neujustierung“ ihres vor allem in Deutschland umstrittenen Mega-Anleihekaufprogramms, das nach ursprünglicher Planung Ende 2017 ausläuft. Bereits auf der nächsten Ratssitzung Ende Oktober könnten Entscheidungen fallen.
Die im Ökonomen-Barometer von €uro am Sonntag und dem Nachrichtensender n-tv befragten Volkswirte sprechen sich in der September-Umfrage nicht nur für einen zügigen und deutlichen Abbau des EZB-Kaufprogramms aus, sie raten der EZB vielmehr auch zu einer transparenten Kommunikation der einzelnen Schritte mit verbindlichem Programmende.
Die Zentralbank hält sich allerdings alle Optionen offen. Man wolle eine „Überreaktion“ der Märkte auf ihre Erklärung vermeiden, erklärte Chefvolkswirt Peter Praet am Donnerstag in Berlin. „Wie umsichtig wir vorgehen sollen, darüber debattiert der EZB-Rat“, sagte Praet, der von einer „Neujustierung“ des Programms sprach, nicht von einem „Ausstieg“. Insidern zufolge streben einige Vertreter im Rat an, für das billionenschwere Kaufprogramm ein verbindliches Abschlussdatum festzulegen. Andere setzen darauf, eine Reduzierung des Volumens der monatlichen Käufe von derzeit 60 Milliarden Euro anzukündigen und den Zeitpunkt der Beendigung offen zu lassen. Offen ist auch, wie stark das Kaufvolumen in einem ersten Schritt gesenkt werden könnte.
„Chance wird verstreichen“
Die im Ökonomen-Barometer Befragten fordern eine zügige Reduzierung der Anleihekäufe. Fast ein Drittel der Befragten ist sogar dafür, das derzeit laufende Programm wie ursprünglich geplant bereits Ende 2017 komplett auslaufen zu lassen. Weitere 37 Prozent votieren noch mal für eine Verlängerung um sechs Monate, aber mit Reduzierung auf monatlich 20 Milliarden Euro. Eine Verlängerung um neun Monate befürworten nur neun Prozent. Einen Abbau auf zunächst 40 Milliarden Euro für weitere sechs Monate halten zwölf Prozent für sinnvoll. „Die EZB wird weiterhin zu vorsichtig agieren und die Chance auf ein schnelles Zurückfahren der ultraexpansiven Geldpolitik verstreichen lassen“, bringt Postbank-Chefvolkswirt Marco Bargel zahlreiche Meinungsäußerungen der führenden Volkswirte in der September-Umfrage auf den Punkt.
Insidern zufolge soll EZB-Chef Mario Draghi auch in den jüngsten Sitzungen von einer „Neujustierung“ gesprochen haben und nicht von einem Auslaufen. Damit könne die EZB gleichzeitig die Erwartungen auf eine Zinserhöhung weiter in die Zukunft verschieben. Außerdem könne die Notenbank so flexibler auf die Euro- und Inflationsentwicklung reagieren. Die Zentralbank sorgt sich vor allem um den Dollar-Anstieg und die nach wie vor als zu gering angesehene Inflation.