Die Perspektiven für die deutsche Wirtschaft auf Jahressicht haben sich im Oktober wieder etwas aufgehellt. Die aktuelle Lage schätzen führende deutsche Ökonomen dagegen unverändert zum Vormonat ein. Zu diesem Ergebnis kommt die Oktober-Umfrage des Ökonomen-Barometers von €uro am Sonntag und dem Nachrichtensender n-tv.
So verharrt der Barometerstand mit 62,1 Punkten fast unverändert auf dem Niveau des Vormonats (62,2 Punkte). Die Erwartungen für die kommenden zwölf Monate steigen dagegen auf 61,2 (Vormonat: 59,5) Punkte an. Damit sind die Einschätzungen zum aktuellen Stand und die Erwartungen auf Jahressicht wieder nahezu gleichauf. Nach den Schwankungen als Folge der Brexit-Entscheidung der Briten in den Vormonaten hat sich das Barometer damit wieder weitgehend stabilisiert.
von Wolfgang Ehrensberger, Euro am Sonntag (zum Artikel auf finanzen.net)
Trump, der Börsenschreck
Die führenden Volkswirte beschäftigten sich diesmal mit den möglichen Folgen der Präsidentschaftswahl in den USA im November. Gefragt wurde nach den Auswirkungen auf Finanzmärkte (Aktienkurse), Wirtschaft/Konjunktur allgemein, Welthandel, aber auch Staatsverschuldung. Die Ökonomen sehen eine Stärke der demokratischen Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton vor allem in ihrem Einfluss auf die Finanzmärkte. 45 Prozent rechnen damit, dass sie tendenziell positive oder deutlich positive Effekte bewirken könnte. Beim Republikaner Donald Trump glauben das nur fünf Prozent.
Hohes Rückschlagrisiko
Der polarisierende Trump hat dagegen bei den Ökonomen in nahezu allen Bereichen fleißig Minuspunkte gesammelt. Am stärksten negativ würde sich seine Wahl nach Einschätzung der Befragten auf den Welthandel auswirken. Mit deutlich negativen Effekten rechnen demnach 44 Prozent, mit tendenziell negativen 42 Prozent. Positive Wirkungen erwartet niemand. Schlecht würde eine Trump-Wahl auch der US-Wirtschaft bekommen, glauben drei Viertel der Befragten. Negative Folgen für die Finanzmärkte befürchten gar 80 Prozent.
Die Resultate decken sich mit den Marktreaktionen auf das jüngste TV-Duell der beiden Spitzenkandidaten am Mittwoch. Umfragen zufolge hat Hillary Clinton auch dieses dritte und letzte Duell gegen Donald Trump für sich entscheiden können. Erneut stieg auch der mexikanische Peso. Die Währung im US-Nachbarland gilt als Barometer für Clintons Erfolgsaussichten.
Die Investoren haben sich inzwischen zwar generell auf eine Fortsetzung der Politik von Präsident Barack Obama eingestellt, doch wie schnell man in solchen Fällen danebenliegen kann, hat die Brexit-Abstimmung im Juni gezeigt. Auch dort lagen die Brexit-Gegner in den Umfragen zunächst vorn. Am Ende entschieden jedoch die Befürworter die Abstimmung für sich. Als umso größer wird daher auch das Risiko für einen Rückschlag im Fall eines Siegs von Trump eingestuft. Die US-Wahl findet am 8. November statt.
Staatshilfen für Banken
Weiteres Thema in der Umfrage des Ökonomen-Barometers waren mögliche Staatshilfen für deutsche Banken. 60 Prozent der Befragten befürworten demnach notfalls eine staatliche Rekapitalisierung deutscher Geldhäuser wie der Deutschen Bank. Ein Viertel kann sich dies dagegen unter keinen Umständen vorstellen.
Juergen B. Donges von der Uni Köln verweist auf die Regeln der EU-Bankenunion: „Bevor der Staat hilft, liegt es in der Verantwortung der Eigentümer (Aktionäre) und der großen Gläubiger und Einleger, die Bank zu rekapitalisieren.“ Auch bei der Frage, ob Deutschlands Wirtschaft ein eigenständiges nationales Geldinstitut braucht, sind die Experten gespalten. Ein Drittel stimmt dem zu, ein weiteres Drittel traut dies auch internationalen Banken zu.
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