Die führenden deutschen Volkswirte bleiben ihrer vorsichtig optimistischen Grundhaltung auch im April treu. Zwar beurteilen sie im Ökonomen-Barometer von €uro am Sonntag und dem Nachrichtensender n-tv die aktuelle wirtschaftliche Lage etwas verhaltener als im Vormonat. Der Barometer-Stand sinkt leicht um 2,6 Prozent auf 57,3 Punkte. Die Prognose für die Entwicklung der kommenden zwölf Monate bleibt mit 57,1 Punkten jedoch nahezu konstant. Stand und Prognose des Ökonomen-Barometers liegen fast gleichauf und weiterhin oberhalb der 50-Punkte-Linie. Damit erwarten die Ökonomen im Durchschnitt leichtes Wachstum in diesem Jahr.
von Wolfgang Ehrensberger, Euro am Sonntag (zum Artikel auf finanzen.net)
Die führenden deutschen Volkswirte bleiben ihrer vorsichtig optimistischen Grundhaltung auch im April treu. Zwar beurteilen sie im Ökonomen-Barometer von €uro am Sonntag und dem Nachrichtensender n-tv die aktuelle wirtschaftliche Lage etwas verhaltener als im Vormonat. Der Barometer-Stand sinkt leicht um 2,6 Prozent auf 57,3 Punkte. Die Prognose für die Entwicklung der kommenden zwölf Monate bleibt mit 57,1 Punkten jedoch nahezu konstant. Stand und Prognose des Ökonomen-Barometers liegen fast gleichauf und weiterhin oberhalb der 50-Punkte-Linie. Damit erwarten die Ökonomen im Durchschnitt leichtes Wachstum in diesem Jahr.
Vernichtendes Zeugnis
In der April-Umfrage sollten die führenden Ökonomen die Politik der Europäischen Zentralbank (EZB) beurteilen, und zwar in den Zeiträumen seit der Gründung 1999, seit Beginn der Finanzkrise 2008 und in den vergangenen zwei Jahren seit Ausweitung der Anleihekäufe. Auf einer Schulnoten-Skala von eins bis sechs geben die Ökonomen der EZB insgesamt ein befriedigendes Zeugnis. Seit Beginn der Europäischen Währungsunion 1999 erteilen sie im Schnitt die Note 2,5. Die Einschätzung der Zentralbankpolitik seit Beginn der Finanzkrise wird mit 2,9 etwas schlechter eingestuft – der Anteil derjenigen, die eine Eins oder Zwei vergeben haben, ist jedoch schon deutlich gesunken. Ein vernichtendes Zeugnis stellen die Ökonomen der EZB für die vergangenen zwei Jahre aus. Seit der Ausweitung der Anleihekäufe halten sie die EZB-Politik im Schnitt nur noch für ausreichend (4,0). Der Anteil derjenigen, die „mangelhaft“ oder „ungenügend“ vergeben, liegt dabei bei 44 Prozent.
Spielball der Interessen
Rücktrittsforderungen an EZB-Chef Mario Draghi – wie etwa von Ulrich Blum, Uni Halle- Wittenberg – bleiben in den Statements der Experten jedoch die Ausnahme. „Das ganze Ziel- und Instrumentensystem der Zentralbank muss vielmehr neu überprüft werden“, fordert etwa Thomas Gries von der Uni Paderborn. Ein Fehler sei vor allem die Fokussierung auf eine Preissteigerungs-Zielrate von zwei Prozent, „wenn die Nebeneffekte gigantisch sind“.
Eine deutliche Mehrheit von 90 Prozent der Befragten sieht die Unabhängigkeit der EZB von Einflüssen der Politik als unverzichtbares Gut. Gleichzeitig stellen viele Ökonomen diese Unabhängigkeit infrage. „Viele Notenbankpräsidenten handeln doch gerade im vermeintlichen Interesse ihres jeweiligen Landes“, sagt beispielsweise Horst Schellhaaß von der Uni Köln. Die EZB habe sich durch die Anleihekäufe und Nullzinspolitik selbst fiskalisch in die EU eingebunden, ergänzt Wilfried Fuhrmann von der Uni Potsdam. „Das war mehr, als sich die Politiker jemals von der EZB erhofft oder von ihr gefordert haben.“
Siegfried Franke von der Uni Budapest bezeichnet die Fragestellung nach dem stärkeren Einfluss der Politik als heikel. „Natürlich sollte die Unabhängigkeit der EZB nicht eingeschränkt werden. Aber es sollte Präzisierungen geben, die deutlich machen, dass die derzeitige Politik der EZB auf eine eigentlich verbotene Staatsfinanzierung hinausläuft.“