Die Stimmung hellt sich auf: Die im Ökonomen-Barometer von €uro am Sonntag und dem Nachrichtensender n-tv befragten Volkswirte sind hinsichtlich der konjunkturellen Entwicklung so zuversichtlich wie zuletzt im August.
von Sonja Funke, Euro am Sonntag (zum Artikel auf finanzen.net)
Trotz neuer Unwägbarkeiten wie Terror, Flüchtlingszustrom oder des VW-Abgasskandals stieg das Ökonomen-Barometer im November erstmals nach fünf Monaten wieder an und legte um 2,2 Prozent auf 62,2 Punkte (Vormonat: 60,9 Punkte) zu. Damit schätzen die Volkswirte die aktuelle wirtschaftliche Lage wieder besser ein als im Vormonat.
Die Prognose erhöhte sich mit plus 5,5 Prozent auf 63,4 Punkte (Oktober: 60,0) sogar noch deutlicher. Die Aussichten auf die kommenden zwölf Monate sind damit auch wieder besser als der aktuelle Stand. Im Oktober waren die Erwartungen erstmals seit 2014 unter den aktuellen Wert gesunken.
Robuste Konjunktur
Die bessere Stimmung deckt sich mit den jüngsten Daten des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW). Dessen Indikator für die Konjunkturerwartungen stieg sogar erstmals nach sieben Rückgängen in Folge wieder an. Die Beurteilung der aktuellen Lage verschlechterte sich im November allerdings leicht.
„Der Ausblick für die deutsche Volkswirtschaft hellt sich gegen Ende des Jahres etwas auf“, sagte ZEW-Präsident Clemens Fuest. Konjunkturpessimismus wegen der Terroranschläge in Paris sei nicht erkennbar. „Die robuste deutsche Konjunktur dürfte sich auf die derzeitige Konsumfreude der Deutschen, den erneut gesunkenen Außenwert des Euro und die voranschreitende Erholung in den Vereinigten Staaten stützen“, erklärte Fuest.
„Die Kirche im Dorf lassen“
Die von €uro am Sonntag und n-tv befragten Experten beantworteten diesmal unter anderem Fragen zum Flüchtlingszustrom. Die Mehrzahl der Ökonomen (62 Prozent) hält es für eher unrealistisch, dass die jährliche Wirtschaftsleistung (BIP), wie von der EU-Kommission errechnet, bis zum Jahr 2020 durch den Zustrom von Flüchtlingen zusätzlich um rund 0,7 Prozent zulegen wird, falls die Neuankömmlinge die gleiche Qualifikation wie die Einheimischen mitbrächten.
Falls die Migranten geringere Qualifikationen mitbrächten, liege der Zuwachs der Wirtschaftsleistung bis 2020 noch immer bei 0,5 Prozent. Nur 38 Prozent der Befragten halten es zudem für plausibel, dass die positiven wirtschaftlichen Effekte – wie etwa vom DIW berechnet – die Kosten bereits nach vier Jahren übersteigen.
„Ich glaube, man muss die Kirche im Dorf lassen“, sagt beispielsweise Martin Kocher, Professor für Wirtschaftsforschung in München. Das Management der Flüchtlingsankünfte, die Durchführung von Asylverfahren sowie die Integration der Asylsuchenden würden sehr schwierige Aufgaben, aber man dürfe die Dimension nicht überhöhen.
„Viel ärmere Länder als Deutschland sind mit viel schwierigeren Aufgaben im Zusammenhang mit Flüchtlingen konfrontiert“, sagte Kocher. „Wenn Deutschland das nicht schafft, wäre es ein Armutszeugnis.“
Die Stimmen der Volkswirte zur aktuellen Konjunktur-Entwicklung in Deutschland (PDF)